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Transsibirische Eisenbahn – Deutschland | Baltikum | Finnland 2014

Pfingsmontag, 09.06.2014 – Von Schwäbisch Hall nach Hamburg

Um günstig nach Hamburg zu kommen bietet sic h auch die neue Reisemöglichkeit mit Fernbussen an. MeinFernbus.de fährt ab Stuttgart-Zuffenhausen über Würzburg bis Hamburg in 9 Stunden für 36 Euro. Heißt für mich frühmorgens mit der Bahn nach Stuttgart. Die hat natürlich wegen Signalproblemen gleich mal 10 Minuten Verspätung. Auch mit dem Deutschland Ticket der Bahn kann man für 44 Euro nach Hamburg kommen, sind aber 12 Stunden Fahrt und man muss sage und schreibe 6 Mal umsteigen!. Das hätte schon mit dem ersten Umsteigen heute nicht funktioniert.

In Zuffenhausen am ZOB wartet auch schon Mein Fernbus, leuchtend grün lackiert. Zielstrebig laufe ich drauf zu. Noch nicht richtig angekommen geht das Fenster auf und der Fahrer bäfft heraus: “Dort drüben isch Abfahrt, … dort drüben!” und zeigt unmissverständlich zum Bahnsteig 6. Danke f&uuuuml;r’s Gespräch denke ich, so genau wollte ich’s dann auch nicht wissen. Der Bus selbst ist ziemlich lang und nur etwa zur Hälfte voll. Modern ausgestattet mit viel Beinfreiheit und bietet sogar WLAN an Bord – toll!! Ausserdem bekommt man für 1,50 Euro Getränke, auch Bier. Und Snacks werden ebenfalls angeboten.

Der Fahrer Kurt Keller ist doch freundlicher als es zuerst den Anschein hatte. Überpünktlich 5 vor 9 Uhr fährt er los. Stops mit Aus- und Zustieg legt er ein in Würzburg, Kassel, Göttingen und Hannover. Ähnlich dem Intercity Express der Bahn. Die Fahrgäste sind fast ausnahmslos jüngere Leute, vermutlich viele Studenten. Nachdem der Bus jetzt doch voll ist geht das WLAN auch in die Knie. Bei so vielen gleichzeitig betriebenen Smartphones kein Wunder. Die geplante Ankunftszeit um 17:55 Uhr in Hamburg am ZOB gleich neben dem Hauptbahnhof verpassen wir nur um 2 Minuten. Das schafft nicht mal die Bahn. Alles in Allem bin ich positiv überrascht vom Fernbus.

In Hamburg bietet sich für mich der Besuch der Verwandtschaft an die mir auch dankenswerterweise Asyl für die Nacht gewähren.

 

Dienstag, 10.06.2014 - Von Hamburg nach Kiel auf die Fähre

Schon um 7:45 Uhr fährt mein nächster Fernbus vom ZOB am Hauptbahnhof nach Kiel ab. Diesmal fahre ich für unschlagbare 6 Euro mit berlinlinienbus.de . Die gehören zur Deutschen Bahn. Ausser mir sitzen nur 5 junge Spanier im Bus. Die Zeit im Bus verbringe ich wie gestern mit russisch lernen. Aber irgendwie ist noch nicht sehr viel von der Sprache hängengeblieben. In Kiel angekommen nehme ich die Buslinie 11 und fahre zum Ostuferhafen, genauer gesagt zum Fährterminal von DFDS Seaways, der Reederei die mich nach Klaipeda in Litauen bringen soll. Klaipeda war vor dem 2. Weltkrieg noch deutsch und hieß Memel. Das Ticket für die Fahrt habe ich schon vor Wochen im Internet gebucht. Vor dem Einchecken decke ich mich noch mit Lebensmittel vom Discounter um die Ecke ein. Habe keine Ahnung ob, wann und was es zu beißen gibt auch dem Kahn. Und die Fahrt dauert bis morgen Nachmittag um 14 Uhr. Beim Warten am Gate treffe ich auf ein älteres Brüderpaar aus Hamburg. Die wollen auch mit der Autofähre nach Klaipeda in ihre frühere Heimat, haben also denselben Weg. Interessanterweise handelt es sich um zwei Überlebende des Flüchtlingsschiffes Wilhelm Gustlov, das Ende des 2. Weltkrieges von den Russen torpediert wurde und schnell sank. Bei dieser größten Schiffskatastrophe aller Zeiten gab es mehr als 9000 Tote und nur etwa 900 Überlebende. Auf dem Oberdeck der Fähre treffe ich später die beiden wieder. Der eine ist sehr gesprächig, war früher bei der Marine und hat mir so ziemlich alles über die See, die Schifffahrt und die Gegend hier erzählt. Einen besseren Touristenführer hätte ich nicht treffen können.

Kurz vor 16 Uhr läuft die Athena Seaways dann aus. Der Kahn ist über 100 Meter lang und mindestens 30 Meter breit. Vier Decks sind nur führ Fahrzeuge da. Der Kahn fährt mit 21 Knoten (39 km/h), braucht also für die knapp 800 km nach Klaipeda 22 Stunden. Schlafkabine habe ich nicht gebucht, das war mir mit 150 Euro dann doch zu teuer. Für die Hälfte des Geldes bekommt man dann einen "Pullmannsitz". Das sind bequeme Sitze, vergleichbar mit denen in einem Flugzeug. Hier an Bord gehen die Uhren anders, sprich die Zeit muss gleich eine Stunde vorgestellt werden.

Nach Ablegen fährt man zuerst die Kieler Förde hoch, vorbei an zahlreichen Strandbädern und Luxusvillas. Rechts liegen lässt man auch das U-Boot Mahnmal des Krieges und das Marinedenkmal (hat mir mein einheimischer Tourist-Guide gezeigt). Später passiert man in Höhe der Insel Fehmarn Windparks mit hunderten von Windrädern. Links liegen lässt man die dänischen Inseln.

Am Abend treffe ich in der Lounge meine beiden "Überlebenden" wieder. Bei zwei Bier erzählen die mir viele interessante Seemanns- und Marinegeschichten von früher. An den Untergang der Wilhelm Gustlov konnten die sich nur noch vage erinnern da sie noch sehr klein waren. Der ältere wusste noch, dass nach dem Untergang dann plötzlich eine Totenstille herrschte.

Da der grosse Saal mit den Pullmannsitzen nur spärlich belegt ist kann ich mich breit machen und gleich 4 der Sitze als Liegefläche benutzen. Auch die Gruppe junger Litauer schlafen schon - kein Wunder was die so alles an Schnaps weggebechert haben. Die halbvollen Gläser stehen noch auf dem Boden. Bezahlen kann man hier an Bord noch mit Euro. Der freundliche Herr an der Rezeption tauscht mir aber 50 Euro in Litas um. Nächstes Jahr zum 01.01. werden die Litauer dann auch den Euro bekommen.

 

Mittwoch, 11.06.2014 - Von Klaipeda nach Vilnius

Auch heute haben wir wie gestern tolles Wetter auf See. Nur der kühle Wind ist etwas lästig. Mit Annäherug an die kurische Nehrung kommt jedoch Nebel auf. Die kurische Nehrung ist die schmale etwa 100 km lange Landzuge (Sanddüne) von der russischen Enklave bis hinauf nach Klaipeda in Litauen. Hier oben ist sie offen zur Ostsee. Nach der Einfahrt sind es etwa noch 20 km und wir erreichen den Hafen. Fast pünktlich auf die Minute legen wir an. Ich sage Tschüss zu meinen Hamburgern, schnappe mir gleich ein Taxi, handle den Preis auf 10 Euro herunter und lasse mich zum Bushbahnhof in die Stadt fahren. Ne halbe Stunde später sitze ich auch schon im Bus nach Vilnius, der Hauptstadt Litauens'. Die ist gut 4 Stunden Autobahnfart entfernt. Neben mir sitzt eine junge Litauerin. Die spricht hervoragend englisch und so komme ich gleich ins Gespräch. Ich gehe mit ihr den Reiseführer rauf und runter und lasse mir alles sehenswertes bis ins Detail über Vilnius erklären. Habe also schon wieder Glück mit Ortskundigen. Vom Busbahnhof zum "Jimmy Jumps Hostel" in der Altstadt habe ich mich jedoch verfranzt. Hat ne halbe Stunde und ne Menge Fragerei gedauert bis ich das gefunden habe. Ausserdem hat das Hostel nicht mal ein Schild an der Tür. Aber was heißt da Tür. Der Eingang ist in ein grosses Holztor reingesägt und nicht mal so hoch dass ich ohne Bücken reinlaufen kann. Aber die Zimmer sind sauber und die sanitären Anlagen sind es auch. Der Name Jimmy Jumps kommt angeblichh von einer Figur in einem Film hat man mir gesagt.

 

Donnerstag, 12.06.2014 - Vilnius

Das Frühstück ist im Jimmy Jumps inbegriffen. Die Mädels von der Rezeption backen Waffeln. Dazu gibt es Marmelade und Tee oder Kaffee. Zunächst mache ich mich auf zum Gediminas Tower, einer Ruine auf einem Hügel nördliche der Altstadt. Von dort hat man einen tollen Überblick über die mittelalterliche Altstadt. Hier gibt es über 50 Kirchen und Kathedralen was der Stadt auch den Namen "Rom des Ostens" verliehen hat. Ich bin zwar kein Kirchenfan, aber die kostenlose Stadtbegehung um 12 Uhr Mittags an der City Hall lasse ich nicht aus. Glücklicherweise ist die Stadtführerin, eine junge sehr hübsche Litauerin, auch kein Kirchenfan. Und so zeigt sie uns etwa 20 Interessierten die verborgenen Plätze der Stadt. Von den vielen interessanten Geschichten konnte ich mir nur eine merken: Da die Altstadt sehr eng ist und es wenig Parkmöglichkeiten gibt kam es immer wieder verstärkt zu Falschparken was den Verkehr in der Innenstadt zum Erliegen brachte. Alle Aufrufe und Bußgelder halfen nicht viel. Da hat sich der Bürgermeister mal kurzerhand einen Panzer ausgeliehen und einige der falsch geparkten Fahrzeuge platt gefahren. Diese Aktion hat sich herumgesprochen und seither gibt es wesentlich weniger Falschparker hier. Den Stadtrundgang lassen wir dann in einer urigen Kneipe mit litauischem Bier und einheimischen Spezialitäten ausklingen. Da heute Abend das Eröffnungsspiel der Fussball Weltmeisterschaft in Brasilien ist, schieße ich mich einer Gruppe junger Leute des Hostels an. Die haben einen Tisch in einer riesigen Sportsbar im Zentrum der Stadt reserviert. Leider haben die Kroaten wegen einer krassen Fehlentscheidung des Schiris das Spiel mit 1:3 gegen Brasilien verloren.

 

Freitag, 13.06.2014 - Von Vilnius nach Riga

Das war's dann auch schon mit Litauen. Ausgenommen Klaipeda, Vilnius und die Autobahn habe ich nicht viel gesehen voom Land - lohnt sich aber bestimmt mal wieder hierherzukommen. Nach dem Waffelfrühstück (wie gestern) verabschiede ich mich noch von meinem "Bettnachbarn" Jose, einem US-Filipino bevor ich zum Busbahnhof aufbreche. Jose ist schon ein harter Typ. Er läuft Marathon und steht jeden Morgen um fünf Uhr früh auf und geht eine Stunde laufen. Anschließend haut er sich wieder in die Falle und schläft nochmal 2 Stunden - und das im Urlaub! Das Wetter ist wie gestern bewölkt und leicht regnerisch bei 20 Grad. Weiß nicht, ob es in diesem Land auch eine Sonne gibt. Den Ecolinebus um 12 hätte ich auch fast verpasst denn ich bin wieder mal falsch gelaufen. Ähnlich wie im Euroline vorgestern gibt's Wifi an Bord das auch tatsächlich zu funktionieren scheint. Ecoline bietet ein weites Busnetz in Mittel- und Osteura an. Von London bis Moskau, von Kopenhagen bis Sofia ist zu günstigen Preisen alles im Programm. Und wieder versuche ich mich im Bus der russischen Sprache zu nähern. Heute steht Lektion 3 auf dem Program: Sprichst du russisch? - "Ti gawarisch pa-ruskje?". Die Antwort lautet natürlich: "Njet ja nij gawariu pa-ruskje!" - Nein, ich spreche kein russisch! Gebe mir aber wenigsten Mühe ein bisschen davon zu behalten. <br>

Die Fahrt nach Riga dauert nur vier Stunden. Glücklicherweise ist der Busbahnhof auch nur 5-10 Gehminuten von meinem zuvor reserviertem Hostel, dem "Naugty Squirrel" (ungezogenes Eichhörnchen) entfernt. Hier scheint ganz schön was los zu sein. Noch nicht richtig angekommen muss ich schon nen Begrüssungsschnaps zu mir nehmen. Gleich neben der Rezeption ist auch ein Tresen mit Fassbier - wie praktisch. Die bieten hier auch einiges an, unter anderem das allabendliche "Pub Crawl" - Kneipenkrabbeln. Man trifft sich abends um 10 vor dem Tresen, trinkt ein oder zwei Bier, evtl. ein paar Liköre und dann geht es auf Kneipentour. Beste Gelegenheit ein paar Leute kennenzulernen. Ausserdem kann man in den Kneipen nebenher Fussball-WM schauen. Zur sehr späten Stunde nach dem dritten Pub habe ich mich verabschiedet und die vierte und letzte Station ausgelassen.

 

Samstag, 14.06.2014 - Riga

Obwohl gestern Nacht sehr spät ins Bett gekommen werde ich gegen 7:30 Uhr das erste Mal wach. Grund ist das laute Gegröle auf der Strasse unten. Ich wundere mich zunächst was da los sein könnte bis mir klar wird, dass die immer noch auf Tour sind von gestern Nacht! Zum Glück habe ich den Absprung noch rechtzeitig geschafft. Ansonsten wäre der Tag heute ebenso kaputt gewesen wie die Jungs da unten es sind. Jetzt wird mir auch klar warum das Pub Crawl heißt, denn ich kann mir gut vorstellen dass es die Letzten nur auf allen Vieren nach Hause schaffen. Frühstück gibt's im "ungezogenen Eichhörnchen" nicht aber Tee und Kaffee sind umsonst und ein Einkaufszentrum mit Bäckerei ist gleich um die Ecke - wie praktisch. Und die Letten haben seit diesem Jahr auch den Euro was ein lästiges Geldwechseln erspart. Trotz des kleinen Hangovers schaffe ich es bis um 11 Uhr am Eingang der St. Peter's Kathedrale in der Altstadt zu sein. Dort beginnt die Gratistouristenführung. Von den vielen Stories des einheimische Touristenführers Tom bleiben aufgrund meiner Müdigkeit bei mir nur wenige hängen. Aber immerhin hat Riga ne tolle Altstadt (nicht nur Kneipen) und ist auch deutsch geprägt. Die Partnerstadt ist Bremen was den Letten auch die Bremer Stadtmusikanten beschert hat. An der Stadtführung teil nimmt auch der Stuttgarter "Horex". Es stellt sich heraus, dass wir beide mal denselben Arbeitgeber hatten, nämlich Bosch in Murrhardt. Wenn auch zu verschiedenen Zeiten.

Ein weiterer Tipp der Mädels vom Hostel ist das Speiselokal "Lido" etwas ausserhalb der Altstadt. Das hat den Charakter einer Kantine oder Autobahnraststätte. Mit dem Unterschied dass es riesige Portionen zu sehr kleinen Preisen gibt. Für 4-8 Euro kann man sich den Bauch vollschlagen. Und gut schmecken tut's auch obendrein. Ich habe Horex im Schlepptau denn der ist auch hungrig. Den Rest des Nachmittags treiben wir uns auf dem Markt hinter dem Bahnhof herum. Da gibt's immer was zu sehen. Apropos sehen: Will man ne gute Aussicht auf die Stadt geniessen kann man für 4 Euro auf das Gebäude der "Wissenschaft und Künste" mit dem Fahrstuhl rauf. Das ist ein älteres Bauwerk aus Soviet-Zeiten und ähnelt ein wenig dem Empire State Building in New York.

In die Liste zum Kneipen-Krabbeln habe ich mich heute nicht eingetragen. Mir reicht's echt noch von gestern. Ausserdem fährt mein Bus nach Tallin schon morgen früh um 9:15 Uhr ab. Die späteren waren leider schon ausgebucht. Und so lasse ich den Abend mit Horex und Dominik, einem weiteren Deutschen aus meiner Unterkunft in der Kneipe um die Ecke gemütlich ausklingen.

 

Sonntag, 15.06.2014 - Von Riga nach Tallin

Einen Wecker zu stellen lohnt sich nun wirklich nicht, wird man ja pünktlich um 7:30 Uhr von dem Gegröle und Gejaule der letzten Krabbler geweckt. Auch diesmal fahre ich mit dem Ecoline Bus denn der hat sich schon vorgestern bewährt. Die 4,5 Stunden Busfahrt kostet grade mal 16,50 Euro. Tallin macht von Anfang an einen sympathischen Eindruck. Nicht zuletzt deshalb weil das Wetter heute mitspielt. Bei 22 Grad lacht die Sonne vom stahlblauen Himmel herunter. Auch meine Unterkunft, den Tallin Backpacker habe ich schnell gefunden. Mit der Tram kommt man vom Busbahnhof in die Innenstadt und von dort sind es nur noch 10 Gehminuten. Das Dorm mit 8 Betten ist nicht übermässig gross, das Bad dagegen schon. Da kann man sich drin verlaufen, und ne Sauna ist auch drin.

Da heute wirklich tolles Wetter ist mache ich mich gleich auf um die wirklich sehenswerte Innenstadt mal zu Fuss abzulaufen. Heute ist Sonntag da strömen die Touries in Massen in die Stadt, komme mir vor wie auf dem Volksfest. Für ein paar Euro kann man auf den Turm des "Town Hall Square" rauf. Sind 120 steile Wendeltreppenstufen. Der Aufstieg lohnt sich jedoch. Von hier aus kann man die ganze Innenstadt überschauen und bis zum Hafen und auf das Meer runtersehen. Die 1000 Jahre Altstadt ist von gut erhaltenen Wehrtürmen und Stadtmauern umgeben. Erinnert etwas an Dinkelsbühl, nahe meiner Heimat. Nur grösser und besser erhalten.

 

Montag, 16.06.2014 - Tallin

Um meine müden Knochen wieder in Schwung zu bekommen werde ich mich heute mal sportlich betätihgen. Also Turnschuhe an und loslaufen am Ostseestrand zum 4 km entfernten Badeort Pirita. Schöner Sandstrand der eigentlich zum Baden einlädt wenn nicht das Wasser noch so eiskalt wäre. 12 Grad sind mir dann doch zu wenig. Immerhin bin ich bis zu den Knöcheln im Wasser gestanden, für ein Fussbad hat's gereicht.

Nachmittags um 14:15 Uhr wird wie in Riga und Vilnius eine kostenlose Stadtführung angeboten. Die nehm ich natürlich mit. Über die Vergangenheit von Tallin will ich nicht viel erwähnen. Lediglich dass die Esten eigentlich keine eigene Kultur haben. Tallin wurde weitestgehend von Deutschen erbaut. Weiteren Einfluss auf die Kultur nahmen die Russen, Schweden und Dänen. Die estnische Sprache ähnelt der finnischen und erstaunlicherweise der ungarischen, ist also gänzlich verschieden der lettischen und litauischen.

Am Abend treffe ich mich mit Horex den ich aus Riga kenne. Wir suchen uns ein gemütliches Pub um Fussball WM zu kucken - denn heute spielt Deutschland gegen Portugal und gewinnt 4:0. Glücklicherweise habe ich das DFB-Trikot von Thomas Müller an. Denn der hat gleich 3 der 4 Tore geschossen. Anschließend wird das noch in "The Monks Bunk", dem Partnerbackpacker meiner Unterkunft ausgiebig gefeiert. Da macht es auch nichts aus wenn man mitten in der Nacht heimkommt. Denn wirklich Nacht wird es um diese Jahreszeit hier nicht. Morgens um 2 Uhr sieht man zwar die Sonne nicht mehr, deren hellen Schein am Horizont jedoch schon.

 

Dienstag, 17.06.2014 - Tallin

Heute ist hauptsächlich Ruhetag angesagt. Den Rest des Vormittag verbringe ich mit weiterer Reiseplanung. Mittag gegessen wird im "Kompressor", einem Budget Restaurant das alle Sorten von Pfannkuchen anbietet. Die sind so gross dass man eigentlich nicht damit fertig wird. Und kosten auch nur knapp 5 Euro. Habe den mit Shrimps getestet. Und anschließend mich wieder mal (fast) vergeblich an der russischen Sprache versucht.

Um den heutigen Tag nicht gänzlich zu verschwenden laufe ich am Nachmittag ans Meer runter zum "Patarei" Gebäudekomplex. Das hatte Zar Alexander I. 1828 als For errichten lassen und diente ab 1920 unter den Soviets als Gefängnis - bis 2004. Kann man für 3 Euro besichtigen und ist echt sehenswert. Hier hätte ich nicht sitzen wollen.

Abends treffen sich die Backpacker hier in der Regel im "Monks Bunk", etwas ausserhalb der Altstadt. Da beschweren sich die Nachbarn nicht wenn's mal etwas lauter wird. Hab dort eine Engländerin getroffen die grade von Richtung Peking mit der Transsib hier angekommen ist. Die hat mir noch ein paar nützliche Hinweise mit auf den Weg gegeben. Überhaupt gibt es hier viele die schon mal in Russland waren und so einige Geschichten auf Lager haben.

 

Mittwoch, 18.06.2014 - Noch ein Tag in Tallin

Wollte eigentlich ursprünglich heute nach Helsinki rüber und dort 2 Tage verbringen. Die Leute hier meinten jedoch dass 1 Tag vollkommen ausreicht um die Stadt zu sehen. Ausserdem ist dort alles sau-teuer, nicht nur das Bier das man am Besten von hier mit rübernimmt. Also verlängere ich meinen Aufenthalt hier um einen Tag. Muss jedoch ins Partner-Backpacker Monks Bunk umziehen da mein Bett für heute Nacht schon reserviert ist. Viel steht heute nicht auf dem Programm. Am Vormittag mach ich mich auf den Weg zum Busbahnhof um mir ein Ticket von Helsinki nach St. Petersburg zu besorgen, denn das hat über's Internet nicht geklappt. Nachmittag schaue ich mir noch den Russenmarkt ganz in der Nähe an aber was Gescheites gibt's dort nicht zu kaufen und verstehen tut mich auch keiner.

Donnerstag, 19.06.2014 - Von Tallin nach Helsinki

Halb sechs klingelt der Wecker und ich muss raus. Die Sonne steht auch schon hoch am Horizont. Bis zum Fährhafen ist es noch ne knappe halbe Stunde zu Fuss. Beim Auschecken an der Rezeption traue ich meinen Augen nicht: Da hängen immer noch ein gutes Duzend Bierleichen am Tresen und wollen nicht ins Bett wie es scheint. Meine Fährgesellschaft ist die "Vikingline". Die haben mit 24 Euro die günstigsten Preise. Das Schiff ist nochmal ne Nummer grösser als die Athena Seaways die mich von Kiel nach Klaipeda gebracht hat. Cafe's, Bistro's, Kaufläden, Glücksspielautomaten und natürlich Duty Free Shops fehlen nicht. Wie im Monks Bunks hängen auch hier noch einige Alkoholleichen in den Sesseln. Das sind Finnen, die gestern mit der Nachmittagsfähre nach Tallin gekommen sind um sich dort die ganze Nacht in den Bar's und Kneipen volllaufen ließen. Denn in Estland kostet der Alkohle höchstens die Hälfte. Könnte mir vorstellen, dass der eine oder andere ne Jahreskarte bei Vikingline gebucht hat.

Aber nicht nur der Alkohl ist in Finnland teurer, eigentlich alles. Mein "Eurohostel", nur 300 Meter vom Pier entfernt, kostet auch doppelt soviel wie die in Tallin. Sparen tun die Finnen wohl nur beim Wetter. Denn heute ist es bedeckt, leicht regnerisch, windig und kühl. Und die Leute in Tallin hatten Recht: Helsinki ist nicht der grosse Bringer. Die Innenstadt hat man an einem halben Tag abgelaufen. Mir war nur wichtig, den Busbahnhof zu finden von welchem mein Lux-Express Bus übermorgen nach St. Petersburg abfährt. Muss mir für morgen also ein Alternativprogramm ausdenken oder einfach mal nichts unternehmen.

 

Freitag, 20.06.2014 - Helsinki

Das Eurohostel hat sogar ne finnische Sauna die man kostenfrei benutzen kann. Allerdings nur von 6-9:30 Uhr morgens. Ansonsten teuer bezahlen. Für einen Saunagang nach dem Aufstehen reichts aber schon. Auch das Frühstücksbuffett ist nicht im Preis inbegriffen. Aber es ersetzt 2 Malzeiten wenn man es am späten Vormittag einnimmt. Heute gzeizen die Finnen nicht mit dem Wetter. Es ist nur leicht bewölkt und die Sonne lacht bei kanpp über 20 Grad. Da bietet es sich an mal mit der Fähre nach Suomenlinna zu fahren. Suomenlinna ist eine 1748 auf mehreren Inseln vor Helsinki gegründete Seefestung in der man die Einflüsse östlicher und westlicher Herrschaft sehen kann. Die haben anfangs die Russen, später die Schweden und zuletzt die Finnen ausgebaut. 1991 wurde sie in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen. Die Fahrt dorthin dauert nur 20 Minuten und kostet unschlagbare 2,50 Euro (one way natürlich). Sie ist ein beliebtes Ausflugsziel der Bevölkerung von Helsinki.

In Finnland gibt es keinen Wettergott. Nachmittags fängt es wieder zu regnen an. Und das am längsten Tag des Jahres wenn abends um sechs alle Läden, Restaurants und Kneipen dicht machen wegen des Mittsommer-Festivals. Da packen die Finnen ihre Rucksäcke mit Fressalien und natürlich viel Alkohol und machen sich auf zu eine der vielen Veranstaltungen. Und ich hab mich noch gewundert warum die Supermärkte alle so brechend voll waren. Mir bleibt also nichts anderes überig als den Menschenmassen hinterherzulaufen. Die gehen alle runter zum Pier um in eines der vielen Boote zu steigen die auf die vorgelagerten Inseln fahren. Dort angekommen geht's schnurstracks zum Strand um zu picknicken. Punkt 21 Uhr werden die schon vorbereiteten Scheiterhaufen anlässlich der Sonnwende angezündet. Das mit dem Picknicken und daß es hier nichts zu kaufen gibt hat mir natürlich keiner gesagt. Mir bleibt also nichts anderes überig als das Spektakel zu betrachten.

 

Samstag, 21.06.2014 - Von Helsinki nach St. Petersburg

Ab heute ist es vorbei mit dem Spassurlaub denn es geht nach russland. Weil heute Feiertag ist, ist Finnland praktisch tot. D.h. nichts geht, auch nicht die öffentlichen Busse und Bahnen. Heißt für mich, dass ich nicht günstig mit der Tram vom Hostel zzm Kamppi Busbahnhof komme sondern ein teures Taxi brauche. Glücklicherweise wartet auch schon ein japanisches Paar an der Rezeption die ebenfalls mit der Tram zum Fährhafen wollen. Das ist ungefähr diesselbe Strecke. Also teilen wir un ein Taxi. Wir sind noch nicht richtig eingestiegen da zeigt der Taximeter schon 13,80.- Euro an! Ich will doch nicht das ganze Taxi kaufen! In meinem nächsten Leben werde ich Taxifahrer in Helsinki. Finnland ins deutsche übersetzt heißt bestimmt "Teuerland". Wenn man da WC am Busbahnhof benutzen will dann kostet das auch schon einen ganzen Euro. Selbst aus Urin machen die noch Geld - die Spinnen, die Finnen!

Mein Lux Express Bus nach St. Petersburg ist wegen des Feiertags mit 6 Fahrgästen nur spärlich besetzt, macht seinem Namen aber alle Ehre. Bequeme Sitze, Stromversorgung, Internetzugang und Flachbildschirme mit Unerhaltungsprogramm ist geboten. Sogar den neuesten James Bond "Skyfall" kann man sehen - wenn auch nur in russischer Sprache. Auch die Uhren im Bus gehen schon anders. Denn St. Petersburg ist wieder ne Stunde voraus. Die beiden Busfahren sind freundlich, sprechen jedoch kein englisch. Aber hinter mir sitzt der russische Student Jevgeni. Der studiert in Helsinki, spricht gut englisch und kann mir alles übersetzen.

Gegen halb eins erreichen wir die Grenze. Die finiische Abfertigung geht ratz-fatz. Zwei Kilometer weiter warten dann die Russen. Das kann unter Umständen lange dauern meint Jevgeni. Doch die Einreiseformalitäten sind bei nur 6 Fahrgästen schnell erledigt und auch die Businspektion dauert nur 20 Minuten. Was die Grenzer genau prüfen sind die KFZ-Papiere der Autos. Denn in Russland kostet ein Gebraucht-PKW 2-3 mal soviel wie in Fiinnland. Bei der Ausreise aus Russland darf man auch nur 10 Liter Kraftstoff "exportieren" da der Sprit hier nur halb soviel kostet als bei uns. Dass man in Russland angekommen ist merkt man gleich an den schlechteren Straßenverhältnissen und natürlich an der kyrillischen Beschilderung. Um halb vier erreichen wir dann den Busbahnhof in St. Petersburg. Jevgeni tauscht mir noch 5 Euro in Rubel um und zeigt mir wie das hier mit der Metro funktioniert. Drei Stationen weiter bis Gostiny Dvor und noch 200 Meter Fussmarsch und ich stehe auch schon vor dem "Apple Hostel Italy", meiner Unterkunft für die nächsten drei Tage. Der Laden wird von den drei Rusinnen Zlada, Ksusha und Oksana betrieben. Die sind total nett und fürsorglich. Als ich mich im Wohnbereich auf's Sofa lege bringt mir die eine gleich ein Kissen und die andere deckt mich zu. Das nenne ich mal ein Rundumsorglospaket.

Heute spielt Deutschland gegen Ghana. Das MUSS ich natürlich sehen. Hier im Hostel sind noch 3 deutsche Mädels russischer Abstammung zu Gast. Die haben gestern schon einen Tisch vor der Grossleinwand im Schwabenkeller reserviert - wie praktisch. Da schließe ich mich natürlich an. Mit von der Partie sind noch zwei weitere Deutsche aus Thüringen. Das Spiel endete leider nur 2:2, hat unserer Stimmung bei Bier und Vodka keinen Abbruch getan. Am Tisch sitzt noch ein Russe, ein Bekannter der Mädels. Von dem haben wir gelernt, dass man beim Anstoßen eigentlich gar nicht (mehr) den Ausdruck "Na-sta-rovje" benutzt, sondern "Strok-nij" sagt. Was soviel bedeutet wie "lasst uns trinken bis wir besoffen sind". Auf dem Heimweg laufen wir zum Neva Fluss um das allanächtliche Hochziehen der Brücken um 1:30 Uhr zu sehen. Deshalb, dass die grossen Schiffe auch reinfahren können. Die Brücken sind nachts toll beleuchtet. Aber was heißt Nacht, derzeit wird es hier nachts nicht dunkel. Deshalb spricht man auch von den weißen Nächten von St. Petersburg. Sollte man sich auf der falschen Seite der Brücke aufhalten hat man Pech und muss bis morgens um 5 Uhr warten. Dann werden die wieder heruntergelassen.

 

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